Kunststoffrezyklate – Sinnvolles Verfahren für den Umweltschutz?

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Recycling

Jedes Jahr sammeln sich in Deutschland mehr als 6 Millionen Tonnen Kunststoffabfälle an. Davon entfallen allein 5,2 Millionen Tonnen auf Post-Consumer- und damit Endverbraucher-Abfälle. Die daraus hergestellten Kunststoffrezyklate werden jedoch nur zu 5,6 Prozent wieder zur Herstellung neuer Produkte verwendet. Der Grund liegt in der Unsicherheit vieler Unternehmen, wofür sich Rezyklat tatsächlich nutzen lässt. Darum ist es wichtig, einen genauen Blick auf die enormen Möglichkeiten zu werfen.

Kunststoffrezyklat – was ist das eigentlich?

Als Rezyklate werden Kunststoffe wie Polyethylen (PE), Polyprophylen (PP) und Polyethylenterephthalat (PET) bezeichnet, die bereits einmal von Haushalten oder Gewerbetrieben entsorgt und zur Herstellung neuer Produkte verwendet wurden.

Sollte dir also mal der Begriff „Rezyklat“ begegnen, dann ist in der Regel von Kunststoffen die Rede. Glas, Papier oder Metall lassen sich zwar auch wiederverwerten, sie werden jedoch anders bezeichnet. Rezyklate können allerdings sehr unterschiedlich beschaffen sein, wie du bereits anhand der verschiedenen sich recycelnden Kunststoffarten erkennen kannst. Eine wichtige Rolle spielt hier die Herkunft des Stoffes.

PCR

Dieses Rezyklat war bereits ein Produkt, das von einem Verbraucher erworben und danach als Wertstoff entsorgt wurde. Du kannst Rezyklate an ihrer Bezeichnung erkennen. Den verschiedenen Kunststoffen wird ein kleines R vorangestellt: rPET, rPP oder rPE.


In unserem Blog findest du noch mehr Informationen zu nachhaltigen Verpackungen! Nachhaltige Kunststoffe setzen wir beispielsweise bei unseren Beutelverpackungen ein.

 

Wie entsteht ein Kunststoffrezyklat?

Voraussetzung für ein zielführendes Recycling von Kunststoffen ist die sortenreine Trennung. Anschließend lässt sich der Kunststoffmüll waschen, von weiteren Störstoffen säubern, pressen und zerkleinern. Die weitere Vorgehensweise hängt sowohl von der Kunststoffsorte als auch von der geplanten Verwendung ab.

Der Kunststoffmüll kann einerseits zu einem Regranulat verarbeitet werden. Mithilfe von Extrudieren, Extrusionsblasen, Umformen oder Spritzgießen lassen sich neue Produkte herstellen. Altkunststoff kann andererseits auch durch mechanisches, chemisches und auf dem Einsatz von Lösungsmittel beruhendes Recycling aufbereitet werden.

Kunststoffrezyklate – einige Beispiele aus der Praxis:

Enzymatisches Recycling

Carbios, ein Unternehmen im französischen Clermont-Limagne, kombiniert dazu die Kunststoffverarbeitung mit der Enzymologie: Die Kunststoffe sollen durch Enzyme so zersetzt werden, dass sich die Abfälle immer wieder recyceln lassen. Dabei kommen Enzyme zum Einsatz, die PET unter vergleichsweise einfachen Bedingungen in Bezug auf Temperatur und Druck abbauen können. Eine Demonstrationsanlage ist in Betrieb.

Closed-Loop-Recycling

Prof. Dr. Stefan Mecking und andere Chemiker von der Universität Konstanz zielen auf die Sollbruchstellen in den PE-Molekülen ab, um die Polymerketten aufzubrechen und in die Bausteine zu zerlegen. Dabei bleiben sowohl die Kristallstruktur als auch die Eigenschaften des Materials unberührt.

Das Besondere: Dieses Verfahren funktioniert bei 120 °C – ein Riesenfortschritt in Bezug auf den Energieverbrauch. Die Rückgewinnungsquote beläuft sich somit auf 96 Prozent des zu recycelnden Stoffes, ohne dass es Abstriche hinsichtlich der Eigenschaften gibt. Zum Einsatz kam PE, das aus Pflanzenöl gewonnen wurde, sowie typische Abfallgemische.

Chemcycling

BASF und andere Partner, die entlang der industriellen Wertschöpfungskette aktiv sind, befassen sich mit der Pyrolyse – einem thermomechanischen Prozess. Hier wird Kunststoffmüll zu Pyrolyseöl umgewandelt, das wiederum in das BASF-Produktionsnetzwerk eingespeist wird, um fossile Rohstoffe einzusparen. Die Endprodukte weisen keine anderen Eigenschaften auf, als dies bei der Verarbeitung fossiler Ausgangsstoffe der Fall ist.

iCycle-Plattform

Das Pyrolyse-Verfahren wird ebenfalls vom Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik (UMSICHT) präferiert. Wissenschaftler entwickelten dabei neue, sehr energieeffiziente Wärmetauscher-Technologien, um die Anlage betreiben und die Wärme optimal übertragen zu können.

Der Fokus liegt stark auf verunreinigtem, schadstoffbelastetem Kunststoffmüll, der mit schwer recycelbaren Verbundmaterialien behaftet und somit problematisch ist. Darüber hinaus befassen sich die Forscher mit Verfahren zur Aufbereitung und Reinigung der Pyrolyseöle – bislang jedoch nur zur Demonstration.

Upcycling

Wie sich beim Recycling von Kunststoffen eine stoffliche Aufwertung erreichen lässt, zeigt die 3M-Tochter Dyneon: Das Unternehmen kann pro Jahr bis zu 500 Tonnen Fluorpolymerabfälle zu neuem Kunststoff verarbeiten.

OMV Reoil Project

OMV stellt aus Kunststoffabfällen synthetisches Rohöl her. Dazu werden die Kunststoffe verdampft und anschließend chemisch wieder zu kürzeren Ketten zusammengeführt. Gemeinsam mit Borealis will OMV das chemische Recycling insbesondere von Post-Consumer-Kunststoffen fördern. Das gewonnene synthetische Rohöl wird sowohl in der Kunststoffindustrie als auch zu Kraftstoffen weiterverarbeitet.

Creasolv-Prozess

Das Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik u. Verpackung (IVV) entwickelte den dreistufigen Creasolv-Prozess. Welches Polymer aus dem jeweils zu recycelndem Kunststoff herausgelöst und einer neuen Verwertung zugeführt wird, hängt vom Lösemittel ab. Die Lösung wird weiter gereinigt, um im dritten Schritt zu erreichen, dass der Kunststoff ausgefällt und zu Granulat verarbeitet wird. Die Qualität ist beeindruckend, da kein Unterschied zu neuem Kunststoff zu erkennen ist – in der industriellen Pilotanlage.

ResolVe-Verfahren

Ein vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unterstütztes Gemeinschaftsprojekt verschiedener deutscher Institute zielt darauf ab, Polystyrol chemisch zu recyceln. Ausgangsmaterial liefern gelbe Säcke: Ihr Inhalt wird gereinigt, sortiert und zerkleinert, um sortenreine Flakes aus Polystyrol zu gewinnen.

Die thermische Degradation erfolgt anschließend im Doppelschneckenextruder, sodass ein Kondensat aus Oligomeren und Monomeren sowie einige flüchtige Spaltprodukte entstehen. Die anschließende fraktionierende Destillation, der die im Kondensat enthaltenen Styrol Monomere unterzogen werden, ergeben ein Rezyklat, das sich zu Polystyrol verarbeiten lässt.

Thermal Anaerobic Conversion (TAC)

Dieses patentierte Verfahren wird zur Umwandlung von Kunststoffabfällen eingesetzt: Dazu werden LDPE, PS, PP und HDPE unter Ausschluss von Sauerstoff erhitzt und eingeschmolzen, damit aus den Polymermolekülen ein reich gesättigter Kohlenwasserstoffdampf entsteht. Aus den Kondensaten lassen sich wiederum Kohlenwasserstoffprodukte wie synthetische Gase, Leichtöl und Rohdiesel herstellen, während nicht kondensierbare Gase gesammelt und abgebrannt werden.

Eine Frage der Qualität – wie unterscheiden sich die Rezyklate?

Es liegt auf der Hand, dass sowohl die unterschiedlichen Ausgangsprodukte als auch das jeweilige Recyclingverfahren die Qualität der Rezyklate beeinflussen. Eine einheitliche Einstufung verschiedener Qualitäten sowie ihre Kenntlichmachung ist jedoch nach wie vor schwierig. Genau mit diesem Problem sehen sich kleine und mittelständische Unternehmen beim Einsatz der Rezyklate konfrontiert.

Die DIN SPEC 91446 Klassifizierung von Kunststoffrezyklaten durch Datenqualitätslevel für die Verwendung und den (internetbasierten) Handel' soll hier Abhilfe schaffen.

Damit lassen sich Rezyklate offenbar in vier klar definierte und unterschiedliche Datenqualitätsstufen sortieren. Das ist entscheidend dafür, dass die Kreislaufwirtschaft funktionieren kann. Gibt es nämlich keine eindeutigen Qualitätsregeln zu den Rezyklaten, kann weder ihr Wert beziffert noch ein Handel damit in Gang gesetzt werden. Wie sonst sollen potenzielle Abnehmer dazu animiert werden, Rezyklate zu erwerben und in ihren Produktionsprozess zu integrieren?

Rezyklat-Einsatz in Deutschland – Status Quo

Seit vielen Jahrzehnten weiß die deutsche Kunststoffindustrie mit Produkt- und Technologie-Innovationen auf globaler Ebene zu überzeugen. Genau dieser Erfolg macht es den Unternehmen offenbar schwer, die Trends richtig einzuschätzen.

Ähnlich wie in unserer Auto-Industrie feiert die Branche ihre Erfolge, schenkt den ökologischen Problemen jedoch zu wenig Beachtung. Es sei dahingestellt, ob die Branche sie nicht zur Kenntnis nimmt oder sich nur (bislang) verweigert, sie konsequent anzugehen.

Fakt ist jedoch, dass es außerhalb dieser Branche einen Imagewandel gibt: Das einst so positive Ansehen der Kunststoffe aufgrund ihrer Stabilität und den vielfältigen Einsatzmöglichkeiten verkehrt sich zunehmend ins Gegenteil.

Dennoch fokussiert die Kunststoffindustrie bevorzugt auf gewinnoptimierte Geschäftsmodelle und eine herausragende technische Performance der Erzeugnisse.

Hier ist ein drastisches Umdenken notwendig, um eine Gegenbewegung in der Branche zu erzielen. Erschwerend kommt hinzu, dass Rezyklate oft teurer als die relevanten Primärkunststoffe sind. Entscheiden sich verarbeitende Unternehmen trotzdem für die recycelte Alternative, dann geht es in erster Linie darum, die Nachhaltigkeitsziele zu erreichen und den ökologischen Fußabdruck zu optimieren. Dafür kommen auch politische Initiativen in Frage, wie zum Beispiel in Großbritannien: Werden dort Kunststoffverpackungen mit weniger als 30 Prozent Rezyklat hergestellt, muss darauf eine Steuer gezahlt werden.

Rezyklat vs. Primärkunststoff – wie groß ist das Einsparpotenzial?

Ein solcher politischer Druck wäre gerechtfertigt, denn der Einsatz von Rezyklaten bringt einiges an Vorteilen mit sich:

Das Recycling von Kunststoff verursacht geringere CO2-Emmissionen als die Produktion von Primärkunststoff. Eine schwedische Studie zeigt auf, dass sich je Kilogramm Kunststoff 0,8 kg Kohlendioxid-Äquivalent sparen lassen, wenn Primärkunststoffe durch Rezyklate ersetzt werden.

Um Kunststoffe herzustellen, muss Erdöl gefördert, transportiert und raffiniert werden. Diese Prozesse verbrauchen Energie und setzen insbesondere bei den Bohrungen Methan frei – das Gas ist deutlich schädlicher fürs Klima als Kohlendioxid. Wird Rezyklat verwendet, entfallen diese Schritte inklusive aller Konsequenzen.


Welche Pläne verfolgt die EU zur Förderung von Kunststoffrezyklat?

Die europäische Kommission hat im Jahr 2018 die Circular Plastic Alliance (CPA) ins Leben gerufen. Das Ziel der Allianz für die Kunststoff-Kreislaufwirtschaft ist es, bis 2025 Produkte mit wenigstens 10 Millionen Tonnen Kunststoffrezyklaten auf den EU-weiten Markt zu bringen.

Zur CPA gehören aktuell mehr als 300 private und öffentliche Akteure der Kunststoff-Wertschöpfungskette in der EU. Du findest hier auch sehr bekannte Größen wie Mars, Borealis oder Henkel, die ein gemeinsames Ziel verfolgen: mehr Kunststoffrezyklate in den Kreislauf zu implementieren. Die Theorie ist damit vorhanden – es muss die praktische Umsetzung folgen.

Auch in Deutschland wird der Einsatz von Rezyklaten von der Politik unterstützt – Beispiel Novelle des Verpackungsgesetzes: Hier ist erstmalig ein Mindestanteil an Rezyklaten in Getränkeflaschen, die aus Einwegkunststoff hergestellt werden, vorgeschrieben. Demnach müssen diese PET-Einwegflaschen wenigstens 25 Prozent und ab 2030 alle Getränkeflaschen wenigstens 30 Prozent Rezyklate enthalten. Hersteller, die bereits heute auf Rezyklate setzen, werden entsprechend belohnt.

Fazit: Kunststoffrezyklate – enormes Potenzial für den Umweltschutz

Der Anteil an wiederverwerteten Kunststoffabfällen aus dem Post-Consumer-Bereich ist mit 5,6 Prozent noch viel zu gering – darin sind sich alle Protagonisten einig. Es gibt vielfältige Ansätze, die lohnend erscheinen. Allerdings folgen die Konzerne hier bevorzugt ihrem eigenen Schema.

Das macht es für kleine und mittelständische Unternehmen umso schwerer, eigene Verfahren zu entwickeln. Gleichzeitig fehlen einheitliche Standards zur Einschätzung von Rezyklaten. Es besteht Bedarf, dass politische Initiativen zur Wahrung unserer Umwelt deutlich weiter greifen.

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